Rhône 1990

Von 30.07.1990 bis 26.08.1990 fand mit "Perry Rhône" die bislang unübertroffen abenteuerlichste unserer Wanderfahrten statt. Es gibt zur Rhône-Tour sogar ein eigenes Berichtheftchen, aber das ist selbst für Eingeweihte kaum zu verstehen (schon gar nicht 10 Jahre später ;-). Sicher ist: Der Startort war Seyssel.

© für alle Fotos dieser Tour: Lars Reinke

Der Oberlauf der Rhône hat nun leider den Nachteil einiger Staustufen, die grundsätzlich keine Schleuse oder auch nur eine Umtragemöglichkeit besitzen. Die Tragestrecke ging teilweise an einen halben Kilometer, und das mit schweren Plastikkähnen. Bei einer Gelegenheit haben wir abgekürzt und die Boote vom Wehrkanal in den Altarm getragen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund lag dazwischen allerdings ein tiefer Graben ...

Umtragen mit Graben

Eine Ausnahme von der Schleusenfrei-Regel gab es, aber wie man sieht, hat uns das auch nicht wirklich was gebracht. Die Schleusenkammer ist links:

Schleuse mit Rampe

Immerhin fanden wir auf diesem Teilstück interessante Exponate aus Flora und Fauna, hier zum Beispiel eine Gottesanbeterin:

Gottesanbeterin

Zwischendurch fanden Einzelne dann sogar Gelegenheit, die Tragkraft von Skulls und Riemen zu testen, das Ergebniss kann kommentarlos so gezeigt werden:

Schwimmhilfe beim Rudern

Kurz vor Lyon mussten wir jedoch ganz passen: An einer Staustufe war es völlig unmöglich, die Boote herauszunehmen (steile Betonrampe als Ufer), und auf einen Kilometer davor war das Ufer durch einen breiten Schilfstreifen gar nicht zu erreichen. Wir mussten das Stück gegen ordentlich Strömung zurückrudern und die Boote weitab an Land nehmen. Zum Glück waren es dort nur wenige Meter zu einem Nebenarm, allerdings brach nun auch die Dunkelheit herein. Die Umgebung war jedoch wildromantisch und bot feinen Sandboden:

Schlafen auf dem Bau

Der hinzukommende Wachposten der Baustelle schickte uns nicht etwa fort, sondern schloss uns sogar noch das WC-Häuschen auf! Zum Dank hier ein Gruppenfoto mit Grube:

Gruppenfoto mit Grube

Am nächsten Tag sollte Lyon erreicht werden, doch so ganz einfach war das nicht. Eine Stromschnelle kam als erstes Hindernis, eine unterirdische Rohrleitung hätte dort fast noch einen von uns angesogen.

In der Stromschnelle

Etwas weiter dann ein Wehr, im Kanuwanderführer als berüchtigte "Todeswalze von Lyon" bezeichnet. Da der Spähtrupp von der Brücke nur wenig Wellenschlag sieht und vom Wasser aus gar keine Gefahr zu erkennen ist, fahren beide Boote dann durch, nehmen zwar Wasser über, aber alle kommen heil unten an. Und die Schlafsäcke sollten beim Ruderverein trocknen.

Der jedoch existiert nicht oder versteckt sich, wir passieren nur einen Club Nautique, der sich als Wasserskiverein entpuppt. Zum Übernachten dient uns die Landzunge zwischen Rhône und Saône, noch etwas weiter draußen als die örtlichen Clochards. Immerhin können wir am Morgen einen Supermarkt finden und das Problem, dass man Geld nicht essen kann, so lösen.

Einen Ruderverein fanden wir dann später in Condrieu, wo sogar eine gebrochene Dolle geschweißt wurde und wir uns einen Ruhetag gönnten.

Zu den weiteren Etappenzielen gehörte Tournon mit richtigem Campingplatz und Viviers.

Obwohl wir nun auf dem schiffbaren Teil der Rhône waren und Schleusen hatten (das passende Ende zum Festmachen eines Frachtschiffes gab es in der ersten Schleuse als "Cadeau de la maison"), waren wir wieder nicht zufrieden und flüchteten vor der Berufsschiffahrt in den Altarm. Hier war natürlich wieder einmal ein Wehr zu überwinden, wobei die Einsetzmöglichkeit diesmal besonders abgelegen war.

In den Nebenarm

Dafür kamen wir aber an die Mündung der Ardèche, die uns richtig frisch-sauberes Badewasser bot. Der nächste Ort bot uns dann die Gelegenheit, ohne größere Umstände einzukaufen (war knapp, denn kurz vor Mittag!) Leider ist mir der Ortsname entfallen, und ich habe keine vernünftige Karte da.

Der Ort

Vielleicht erkennt der eine oder andere die Leiter auf dem letzten Bild, die war gut geeignet zum Hochkettern, dafür wegen des Rückengeländers weniger dazu, die gekauften Lebensmittel abzuseilen.

Blick von der Stadt

Am nächsten Tag sollte dann Avignon erreicht werden. Leider erreichten wir zunächst die Schleuse vor der Stadt, und zwar gegen 18:30 Uhr. Monsieur l'éclusier hat aber um 19:00 Feierabend, das reicht nicht zum Füllen und Leeren der Schleuse. Wir nutzen dafür den gepflegten Rasen vor der Schleuse und marschierten - warum, weiß ich nicht mehr - am nächsten Tag in Avignon ein, gegenüber der berühmten Brücke ist ein Campingplatz, den wir aufsuchten.

In Avignon

Vom weiteren Verlauf der Fahrt habe ich erst mal keine Bilder mehr. Das nächste Etappenziel Arles ist nur einen Tag entfernt und wurde auch pünktlich erreicht. Auf der Frage nach dem Terrain de camping gerieten wir zunächst an einen Bauern, der wohl gerne zur Flinte gegriffen hätte, dann am anderen Ufer nach einer halben Stunde Fußmarsch an eine Anwohnerin, die den Campingplatz am anderen Ende der Stadt wusste. Wir quartierten uns an der Petit Rhône nahe einer Hängebrücke mit Holzbohlen (dadurch hört man jedes Auto) ein, gegenüber von einem Totwasser, das uns beste Mücken bot. Aber dank Baron wissen wir jetzt, dass die stechenden Mücken nicht nach Licht gehen und von denen auch nur die Weibchen stechen. Beruhigend, KLATSCH! Arles wurde selbstverständlich am nächsten Tag auch einer Besichtigung unterzogen.

Die letzte Etappe die Petit Rhône entlang bis zum Meer zog sich doch noch hin, aber schließich, am 24. August 1990 gegen 21:15 Uhr abends, erreichten wir das Mittelmeer bei Saintes-Maries-de-la-Mer und blieben auch gleich an Ort und Stelle. Der Campingplatz war eh ausgebucht, bot aber günstige Tarife für Duscher. Der folgende Tag brachte vor allem einen Kurztrip in die Carmargue, wo man auch weiter hätte gehen können, aber allmählich machte sich eine gewisse Lethargie breit.

Am nächsten Tag dann wurden uns das Begleitfahrzeug wieder ausgeliefert, und dessen Fahrer sowie zwei Mitreisende machten sich schon auf den Rückweg. Die Bootsfahrer blieben noch etwas länger, legten dank eines Abbiegens in die falsche Richtung noch eine Viertelstunde Zu- und Abfahrt vom Strandparkplatz lahm und rollten über Aigues-Mortes zum Pont-du-Gard.

Boote am Pont du Gard

Pont du Gard

Die weitere Rückfahrt führte über den Mont Ventoux, auf dem man die Silos der französischen Atomraketen sehen kann, auf eine Wiese an einer Landstraße. Die Anwohner wundern sich nicht über die dort Kampierenden, am nächsten Morgen stellen wir fest, dass der Platz für solche Zwecke gedacht ist. Die letzte Übernachtung ist tags darauf in Marktheidenfeld, wo die Boote dem DRV zurück gegeben werden.


Zur Tourenliste
Zur Tourenliste
Startseite
Zur Heinz-Willi-Startseite

Mail an webmaster@heinz-willi.de